Maschinenkünste besitzen eine lange und wechselvolle Geschichte. Ihr Begriff versammelt heutzutage disparateste Kunstformen, die in einer Art Minimaldefinition als diejenigen bestimmt werden können, die in einer wie auch immer gearteten Beziehung zu einer Maschine stehen. Dies schliesst im Speziellen metaphorische, dargestellte sowie gebaute Maschinen ein.

In jüngerer Zeit gewannen Maschinenkünste im Zuge der Erneuerung technischer Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz, Robotik oder Ubiquitous Computing, flankiert durch einschlägige Ausstellungen und Publikationen, wieder größere Bedeutung. In Maschinenkünsten aktualisiert sich, fasst man einen Hauptinterpretationsansatz in der Forschungsliteratur zusammen, das Mensch-Maschine-Verhältnis in seinen sozio-politischen, ökonomischen und kulturgeschichtlichen Ausprägungen.

Für die ausgeschriebene Konferenz von Interesse ist, dass Maschinenkünste auch die Bedingungen von Kunst befragen – etwa den künstlerischen Schaffensprozess, involvierte (Bild‑)Medien oder das Künstler*innensubjekt. Die Konferenz will diesbezüglich Maschinenkünste des 20. und 21. Jahrhunderts in einer medientheoretischen und praxeologischen Perspektive in den Blick nehmen. In der Annahme, dass mit arbeitsteiligen Schaffens-, Experimental- und Produktions-Settings Prozess- und Medienreflexionen realisiert werden, sollen solcherlei Kunstprojekte vorgestellt und diskutiert werden, die ›betriebsfähige‹ Maschinen operativ werden lassen, um (dreidimensionale) Bilder, Schriften oder Objekte zu erzeugen und sich mit künstlerischen Medien wie der Zeichnung, Malerei oder Skulptur auseinanderzusetzen.

So werden beispielsweise Hand- und Maschinenzeichnung mit (elektro‑)mechanischen Zeichenmaschinen (Jean Tinguely), der frühen Computerkunst (Frieder Nake), KI‑informierter zeitgenössischer Roboterkunst (Patrick Tresset) oder Drohnenkunst (Lena von Goedeke) verhandelt. Auf Zeichenmaschinen und graphischen Medien soll ein Schwerpunkt liegen. Von besonderem Interesse sind Projekte mit selbst oder umgebauten Maschinen und experimentellen Verfahren, weil in ihnen, im Unterschied zum Gebrauch von verfügbaren Maschinen wie etwa in der konventionellen Fotografie, besondere Effekte bzw. Phänomene zu erwarten sind. Die Projekte können als eingerichtete Medien-Maschine-Subjekte-Netzwerke sowie als künstlerische Forschung aufgefasst und unter Berücksichtigung von Praktiken und des Eigensinns bzw. der Eigenaktivität der Dinge behandelt werden. Vor diesem Hintergrund gilt es weiterhin Maschinenkünste an den Kreativitätsdiskurs anzuschliessen. Es steht insbesondere die Frage nach der Maschinisierung von Kreativität im Raum. Dass die Arbeit mit Maschinen Implikationen für Schlüsselkonzepte des Kreativitätsdiskurses wie Kontrolle, Autorschaft oder Rationalität besitzt, ist bekannt. Verfolgt werden kann mit der Analyse von Maschinenkunstprojekten und ihren Selbst-, Prozess- und Medienreflexionen im Speziellen eine indirekte Untersuchung von Kreativität.

Programm

Fr. 4. Juni 2021

08:30 Einfinden

09:00
Willkommen & Grusswort der Direktorin
Claudia Perren (Basel)

09:15
Maschinenkünste im 20./21. Jahrhundert: Eine Einführung
Michael Rottmann (Basel)

09:45
Navigieren im Jezero-Krater. Zur Genealogie autonomer Umgebungsmaschinen
Florian Sprenger (Bochum)

10:30 Pause

10:45
Kreatives Problemlösen, Mitte des 20. Jahrhunderts
Claudia Mareis (Basel/Berlin)

11:30
Eerie Code. Ein Psychogramm zeitgenössischer KI
Johannes Bruder (Basel)

12:15 Mittagspause

13:15
Kinetische Mechanisierung der Welt. Zu Fernand Légers Film Ballet mécanique (1924)
Lars Nowak (Changsha)

14:00
Automatisierung um 1920 im Ausgang von Paul Klees Zwitscher-Maschine
Michael Rottmann (Basel)

14:45 Pause

15:15
Akteur-Netzwerk Maschinenkünste: Elektronik, Kinematografie und das Handlungspotenzial des Medialen
Stefanie Bräuer (Basel)

16:00
»Calculating machines equivalent to a human brain«: zu Bruce Naumans elektronischen Arbeiten und der Entwicklung von Digitalcomputern
Martina Venanzoni (Basel)

16:45 Pause

17:15
»Wir konstruieren und konstruieren…«
Eine Betrachtung zur algorithmischen Kunst, an Paul Klee denkend

Frieder Nake (Bremen)

18:00

19:00 Zusammenkommen

Programm

Sa. 5. Juni 2021

08:30 Einfinden

09:00
Von Ökosystemen und verkabelten Kartoffeln – Maschinenkünste im Argentinien der 1970er Jahre
Lena Trüper (Los Angeles)

09:45
Niemandsland. Maschinenmetaphorik als Werk- und Institutionskritik am Beispiel von Bogomir Eckers Tropfsteinmaschine (1996)
Johanne Mohs (Bern)

10:30 Pause

10:45
Kritik des Maschinenmythos und der Maschinenkunst
Andreas Broeckmann (Lüneburg)

11:30
Maschinen-Männer. Die Revision des Schöpferdiskurses in Stelarcs Cyborg-Inszenierungen
Maike Wagner (Bochum)

12:15 Mittagspause

13:15
Feed and Deprive. Künstliche Intelligenz und biologische Steuerung im Werk von Philippe Parreno
Hans Dieter Huber (Berlin)

14:00
Kreative Spielräume!? – Bedingtheiten und Möglichkeiten technisch-apparativer Settings in Aufführung und Probe
Verena Eitel (Leipzig)

14:45 Pause

15:15
Human and Mechanical Traits
Patrick Tresset (Brüssel)

16:00
Inside Landscape Wandering Machine: Zur Prozessästhetik eines medienkünstlerischen Projekts
Michael Johansson (Kristianstad) / Oliver Ruf (St. Augustin) / Andreas Siess (Ebd.)

16:45 Pause

17:15
Gedicht – Maschinen – Bilder. Maschinisches Schreiben und Zeichnen bei Oskar Pastior
Timo Sestu (Berlin)

18:00
Sehen und Zeichnen mit Drohnen. Maschinelle Fernerkundung und virtuelle Landnahme in der künstlerischen Aneignung der Arktis
Lena Von Goedeke (Berlin) / Till Huss (Berlin)

18:45

Detailliertes Programm mit Abstracts zum Download

Maschinenkünste Programm (PDF)

Anmeldung

Aus organisatorischen Gründen ist eine Anmeldung bis 31. Mai 2021 unter michael.rottmann@fhnw.ch erforderlich. Die Zugangsdaten werden allen angemeldeten Teilnehmer*innen rechtzeitig zugeschickt.

Die Konferenz findet statt im Rahmen des SNF-Forschungsprojektes »Automatisierte Innovationen. Maschinenkünste des 20. und 21. Jahrhunderts im Spannungsdreieck von Subjekt, Medium und Prozess und ihre Beiträge zu Kreativitätsdiskursen«, gefördert vom Schweizerischen Nationalfonds.

Konzeption Dr. Michael Rottmann
Co-Moderation Jonas Kellermeyer